Die tiefe Verunsicherung
Wie oft sind wir im Alltag mit unterschiedlichen Meinungen konfrontiert. Gerade als frisch gebackene Eltern werden wir mit Ratschlägen überhäuft. Jeder weiß es besser und meint es ja nur gut.
Meiner Erfahrung nach treibt das Eltern oft in eine tiefe Verunsicherung. Was ist jetzt richtig? Wie kann ich es richtig machen? Bin ich richtig so wie ich bin? Bin ich als Mama oder Papa richtig? Verhalte ich mich richtig? Was braucht mein Kind – wen könnte ich fragen?
Früher gab es ein ganzes Dorf, das die Kinder erzogen hat. Jedoch meist nach sehr festen Werten. Heutzutage wird vieles auseinandergepflückt. Was heute noch gut war, ist morgen schon nicht mehr aktuell. Eine tiefe Unsicherheit macht sich breit. Halt, Orientierung und Sicherheit brechen zunehmend weg.
Der Einfluss anderer
Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir unseren eigenen Weg finden.
Schauen wir uns mal die Begrifflichkeit „Meinung" genauer an.
Meinung:
Lt. Duden ist Meinung
1. Eine persönliche Ansicht, Überzeugung, Einstellung oder Ähnliches, die jemand in Bezug auf jemanden, etwas hat (und die sein Urteil bestimmt)
„eine vorgefasste Meinung haben“
2. Im Bewusstsein der Allgemeinheit (vor)herrschende Auffassungen hinsichtlich bestimmter (politischer) Sachverhalte „die allgemeine Meinung zu ermitteln suchen“
Gehen wir tiefer rein….Meinung ist demnach eine persönliche Ansicht, dies bedeutet auch, dass sie nicht allgemein gültig ist. Sie ist persönlich! Persönlich aus meinen Lebenswelten gebildet. D.h. wenn wir eine Frau auf dem Land mit bestimmten Erziehungsthemen befragen, wird sie höchstwahrscheinlich andere Aspekte einbringen als eine Frau aus der Stadt.
Dann kommt es darauf an, in welchen Familien und in welchem Umfeld haben wir uns bis jetzt bewegt. Welche Überzeugungen begleiten uns durch unser Leben. Einen Millionär wird ein anderes inneres Glaubensmodell begleiten als eine Person, die in ärmlichen Verhältnissen lebt.
Ebenso unterliegen wir kulturellen Einflüssen. Nehmen wir das Beispiel der Pünktlichkeit und der Leistungsbereitschaft. Andere Kulturen gehen damit ganz anders um. Wären wir in einem anderen Land aufgewachsen, dann würden wir uns in bestimmten Situationen anders verhalten. Verhalten aufgrund von Meinung ist eben auch anerzogen.
Jetzt ist es so, dass sich viele Gegebenheiten ständig verändern. Sind dann alte Meinungen noch hilfreich für das heutige Leben? Müssen wir nicht hin und wieder etwas anpassen?
Das gute alte schlechte Gewissen
Was eine Anpassung jedoch oft mit sich bringt: Ein schlechtes Gewissen schleicht sich ein. Kennst Du das auch?
Was passiert da? Evtl. funken uns allgemeingültige Meinungen dazwischen. Siehe Punkt zwei aus dem Wörterbuch. Treiben uns vorherrschende Auffassungen? Frauen gehören mittlerweile nicht mehr hinter den Herd, sondern in die Arbeit. Oder auch umgekehrt. Ganz davon abhängig in welchen Regionen und welchem Umfeld wir uns bewegen. Sobald ich gegen die allgemein gültige Meinung handle, kommt das schlechte Gewissen. Bin ich gut so wie ich bin? Verhalte ich mich richtig? Was werden die anderen von mir denken oder sagen?
Diese Gedankenspiralen kenne wir nur zu genüge.
Ein Beispiel aus meinem Leben. Unsere Tochter mochte nie in den Kindergarten und in die Schule. Sie fühlte sich dort nie geborgen. Deshalb habe ich meine Arbeitszeiten so eingerichtet, dass sie nicht noch zusätzlich in eine Fremdbetreuung musste. Was sagt sie (17Jahre - Schülerin) heute noch: „Das sind Gefängnisse😉“. In meinem Umfeld bekam ich nicht nur Applaus für diese Entscheidung. Es kamen Kommentare wie: Wirklich jetzt? Dafür hast Du doch nicht studiert! Sie braucht andere Kinder um sich! Sie muss lernen damit umzugehen! Dies sind nur einige Ausschnitte von dem, was ich zu hören bekam. Was mich gefestigt hat, meinen Weg zu gehen war, dass ich beobachtet habe. Wie geht es unserer Tochter in verschiedenen Situationen? Wie geht es mir damit? Was ist mein Wert, den ich leben möchte?
Wie Du vielleicht schon in dem Blogbeitrag „Scheiden tut weh“ gelesen hast, komme ich aus einer Scheidungsfamilie. In der Trennungsphase meiner Eltern wurde ich oft fremdbetreut. Für mich eine fast unerträgliche Situation. Erst als wir wieder in die Nähe meiner Großeltern gezogen sind, beruhigte sich meine Welt. Ich durfte nach der Schule zu meiner Oma. Was für eine Erlösung. Hier wurde ich mit Liebe aufgefangen, mir zugehört. Meine Bedürfnisse und meine Sorgen hatten einen Platz.
Deshalb ist einer meiner wichtigsten Ziele im Leben immer gewesen, wenn ich selbst Mama bin, möchte ich ein Zuhause schaffen, wo Raum und Zeit für Sorgen, Ängste und Nöte ist. Das gelingt mir sicher nicht immer, jedoch ist es ein Leitstern, der mich immer wieder auf meinen Weg führt. Sobald ich davon abweiche, merke ich, wie unglücklich ich werde. Mich gestresst fühle. Es ist wie ein Fingerzeig für mich, Richtung Richtungswechsel. Mich und mein Handeln, meine Gedanken und Gefühle zu überprüfen – zu schauen, ob ich noch ein Leben lebe nach meinen Werten als Frau – als Mama.
Wichtig zu wissen ist, wir wissen nie – wirklich nie, was jeder Mensch für Erfahrungen in seinen Rucksack gepackt hat. Aus welchen Erfahrungen heraus hat er seine Meinung gebildet? Nach welchen Überzeugungen handelt er? Was hat er erlebt? Vielleicht schützt ihn sein Handeln? Vielleicht möchte er sich nicht mehr verletzt, überfordert, ohnmächtig und überwältig fühlen? Genau aus seiner Lebensgeschichte heraus werden ihm eventuell andere Dinge wichtig sein als Dir?
Den eigenen Impulsen folgen
Deshalb…alles, was für andere wichtig und richtig ist, muss für Dich und Deine Familie noch lange nicht passen. Überprüfe genau, aus welchem Impuls heraus möchte ich mein Leben gestalten. Oft haben wir eine gute Intuition, auch in der Kindererziehung, die uns die richtige Richtung vorgibt. Häufig trauen wir uns nicht mehr dieser zu folgen. Genau aus den allgemeingültigen Meinungen heraus.
Drei Fragen, die Dich unterstützen können:
- Tut es mir gut?
- Schadet es dem anderen?
- Entspringt mein Handeln aus der Liebe?
Wenn Du hier mit ja-nein-ja antworten kannst, dann kann es schon nicht mehr verkehrt sein. Sobald eine Antwort anders ist, kannst Du überprüfen, ob Du Dich anders entscheiden müsstest.
Woran merkst Du, dass Dir etwas gut tut? In Deinem Brustbereich entsteht vielleicht eine Weite. Dir wird es warm ums Herz. Die Freude macht sich breit. Ruhe und tiefe Zufriedenheit stellen sich ein.
In meinem Fall war es folgendermaßen. Ich habe entschieden, dass ich weniger arbeite und am Nachmittag zu Hause bin. Ein Glücksgefühl durchzog mich. Erst in den Gesprächen mit anderen kam das schlechte Gewissen. Darf ich das? Ist das richtig? In mir zog sich alles zusammen. Genau dieses Zusammenziehen zeigt mir, dass ich gegen meine Werte leben würde. Ich mehr auf die gesellschaftliche Meinung höre und mich dadurch verleugne. Genau deshalb solltest Du genau überprüfen, ob Du auf Dich, Dein Herz und Deinen Weg hörst. Du kannst Dir die Meinungen der anderen anhören und Dich danach fragen: Was sagen mein Bauch, mein Herz dazu? Schadet es mir? Meinem Kind? Meinem Mann? Handel ich aus der Liebe?
Diese Vorgehensweise hat mich in meinem Mamasein sehr unterstützt!
Ich darf mir Freiräume für mich einräumen – für mein Kind da sein und Zeit mit meinem Mann verbringen.
Ein Satz begleitet mich dabei:
„Ich bin es mir wert, bei mir zu bleiben!“
Wie ist das bei Dir – bleibst Du bei Dir? Was stärkt Dich – als Mama oder Papa?
Traue Dich Deinen EIGENEN Weg zu gehen!
Gastbeitrag Pamela Zurbuchen
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