
Wenn es mal wieder eskaliert
Kennst Du das auch? Das Bücherregal ist wieder einmal aus Wut ausgeräumt worden, der Teller fliegt vom Tisch, das geliebte Buch wird zerrissen und Trotzanfälle im Supermarkt. Solche Momente fordern uns als Eltern ganz schön heraus. Beim ersten Mal mag reagieren wir vielleicht noch gelassen, aber wenn sich diese Vorfälle häufen, merken wir, wie sie an unseren Nerven zerren.
In meiner Arbeit mit Eltern ist mir aufgefallen, dass viele Eltern ein Thema beim Grenzen ziehen haben. Die Angst, das Kind zu bestrafen, steht im Raum. Doch gibt es einen großen Unterschied zwischen Strafe und Konsequenz. Es ist wichtig, dass wir Verantwortung in der Erziehung übernehmen und einen stabilen Rahmen schaffen. Das gibt unseren Kindern Halt, Sicherheit und Orientierung.
Die Laissez-faire Erziehung
In den 1960er und1970er Jahren erlebte die Laissez-faire Erziehung einen Aufschwung. Dabei haben Forscher jedoch herausgefunden, dass dieser Erziehungsstil den Kindern eher schadet.
Folgen der Laissez-faire Erziehung:
- Probleme im Sozialverhalten
- Bindungsschwierigkeiten
- Orientierungslosigkeit
- Aggressionen
- Versagensängste
- Vernachlässigung
- Suchtproblematik
Diese oben genannten Auswirkungen sind auch heutzutage wieder sichtbar.
Heute heißt es nicht mehr Laissez-fair, sondern bedürfnis- und beziehungsorientierte Erziehung. Leider verwechseln viele Eltern die positiven Aspekte dieser Ansätze mit dem Verzicht auf Konsequenzen, aus Angst die Bindung zu ihrem Kind zu gefährden. Ich kann das gut nachvollziehen, denn ich habe auch schon Momente erlebt, in denen ich an meine Grenzen gestoßen bin. In diesen Zeiten fühlte ich mich unsicher und „schwamm“ in verschiedenen Erziehungsstilen umher.

Das STEP Elterntraining
Um aus dieser Unsicherheit herauszukommen, habe ich nach Lösungen gesucht und bin dabei vor 15 Jahren auf das STEP Elterntraining gestoßen. Dieses Training ist bis heute ein wertvoller Begleiter und hat mir geholfen, mehr Klarheit und Sicherheit in meinem Erziehungsalltag zu finden.
Wichtig zu wissen: Perfekte Eltern gibt es nicht – unsere Kinder sind von Natur aus darauf ausgerichtet. Was unseren Kindern jedoch Halt und Sicherheit gibt, sind Eltern, die ihre Erziehungsverantwortung anzunehmen und sich trauen, konsequent zu sein. Aber was sind nun gesunde Konsequenzen, und wann fühlt sich ein Kind bestraft? Lass mich einige Gedanken mit Dir teilen, die ich im Laufe meiner STEP-Elterntrainer-Ausbildung kennengelernt und mir geholfen haben ein Verständnis dafür zu entwickeln, worin der Unterschied zwischen Strafe und Konsequenz liegt.
Allgemein kann man sagen, dass Strafen oft mit negativen Emotionen bei Kind verbunden sind. Kinder empfinden Angst, Scham und Wut. Strafen können in verschiedenen Formen auftreten, wie Liebesentzug, Fernsehverbot, Zockerverbot und Hausarrest. Wenn wir uns an unsere eigene Kindheit zurückerinnern, dann fallen uns vielleicht Situationen ein, in denen wir von Erwachsenen beschämt wurden oder Angst hatten – sei es durch Lehrkräfte, Eltern oder Trainer/Trainerinnen.
Eine Konsequenz hingegen ist eine logische Folge des Handelns des Kindes. Sie soll unserem Kind helfen, die Verbindung zwischen dem Verhalten und den daraus resultierenden Konsequenzen zu verstehen. Konsequenzen sind in der Regel neutral und beziehen sich direkt auf das Problem.
Die 9 wichtigsten Unterschiede zwischen Strafe und Konsequenzen
1. Die Strafe kommt für die Kind aus dem NICHTS. Die Konsequenz wurde vorher nicht mit dem Kind besprochen. Sie drückt die Macht der strafenden Person aus.
2. Die Strafe ist willkürlich und hat keinen Bezug zur Situation. Z.B. „Heute schaust Du nicht Deine Lieblingssendung, da Du die Hausaufgaben nicht gemacht hast.“
Konsequenz steht nicht in Verbindung mit dem Problem = Strafe.
3. Strafe ist es, wenn das Verhalten nicht von der Person getrennt wird. Zum Beispiel „Du bist unmöglich“ vs. „Das Verhalten xy stört mich.“
Durch die Trennung zwischen Person und Verhalten wird die Beziehung zum Kind nicht beschädigt. Das Kind weiß, dass es nach wie vor geliebt wird und der Selbstwert bleibt erhalten. Das Kind kann sein Verhalten ändern. Bei der Aussage „Du bist unmöglich“ geht es um die Persönlichkeit, diese lässt sich nicht verändern.


4. Strafe wird in der Gegenwart ausgesprochen, bezieht sich jedoch auf vergangenes Verhalten. Beispiel: „Nein, wir gehen heute Nachmittag nicht auf den Spielplatz, da du heute Mittag den Teller vom Tisch geschmissen hast.“
5. Strafe bedroht und demütigt. Beispiele: „Du bist unmöglich! Wegen Dir haben wir immer wieder Stress.“ …. wegen Dir gehen wir jetzt nicht ins Schwimmbad, da werden Deine Geschwister sicher traurig sein! (in diesem Fall handelt es sich auch noch um eine Kollektivstrafe)
6. Strafe verlangen Gehorsam, während logische Konsequenzen Wahlmöglichkeiten bieten: „Du kannst hier in der Küche die Hausaufgabe machen oder dich in dein Zimmer setzen. Wo kannst du dich besser konzentrieren und bei der Sache bleiben?“
7. Lernen statt Angst: Konsequenzen helfen Kinder, die Auswirkungen ihres Handelns zu verstehen. Durch Gespräche lernen sie, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen. Strafen erzeugen Angst, Frust, Wut und Scham, und die Kinder verstehen die Zusammenhänge oft nicht.
8. Logische Konsequenzen werden auf freundliche, ermutigende und respektvolle Art geäußert. Jede Konsequenz wird zur Strafe, wenn sie mit Wut, Warnung, Ermahnung, Drohung oder Nörgeln hervorgebracht wird. Eine feindliche Körpersprache, Gestik und Mimik können ebenso jegliche logische Konsequenz aushebeln.
9. Strafen belasten die Beziehung zu Deinem Kind.
Abschließender Hinweis
Ein abschließender Hinweis: Auch Konsequenzen, die mit einem Lächeln im Gesicht geäußert werden, können missverstanden werden. Wir senden damit eine ambivalente Botschaft an unsere Kinder. Da Kinder intensiver auf nonverbale Signale achten, werden sie sich zu 80% an diesen orientieren. Das heißt in diesem Fall….“Mama oder Papa meint es nicht so“.
Ich hoffe, dieser kurze Beitrag hat Dir geholfen den Unterschied zwischen Strafe und Konsequenz besser zur verstehen.
Tipps:
Elterntraining
- STEP das Elterntraining
- Starke Kinder – starke Eltern (wird oft vom Kinderschutzbund angeboten)
Gastbeitrag Pamela Zurbuchen
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